Wiener Polizeibeamte sollen 25.000 Überstunden leisten, um den öffentlichen Drogenhandel einzudämmen. Am Mittwoch wurden Passanten rund um die Josefstädter Straße engmaschig kontrolliert.

Foto: Heribert Corn

Wien – Alleine beim stadtauswärts gerichteten Ausgang der U6-Station Josefstädter Straße sind vier Polizeiautos zu sehen, zwei weitere Einsatzwägen stehen auf der Seite hin zum achten Bezirk: Das Polizeiaufkommen am in die Schlagzeilen gekommenen Drogenumschlagplatz fiel am Mittwochnachmittag groß aus. Schon seit zehn Tagen zeigt die Polizei mit einer "Aktion scharf" entlang der U-Bahn-Linie 6 vermehrt Präsenz. Sie kontrolliert Passanten mit dem Ziel, die Drogenkriminalität in der Öffentlichkeit wieder einzudämmen.

Helfen soll dabei nun die mit 1. Juni in Kraft getretene Novelle des Suchtmittelgesetzes. Sie war notwendig geworden, weil die Reform des Strafgesetzbuches im Bereich der Suchtgiftkriminalität eine verunglückte Neuregelung gebracht hatte. Um Drogen-Dealern Gewerbsmäßigkeit nachweisen und sie damit von der Straße in U-Haft bringen zu können, wurde es erforderlich, ihnen Einkünfte von zumindest 400 Euro nachweisen zu können. In der Praxis war dies jedoch kaum möglich.

Umsatzeinbußen

Ein neu geschaffener Tatbestand umfasst nun sowohl den Suchtmittelhandel im gesamten öffentlichen Raum – neben Verkehrsmitteln auch öffentliche Gebäude –, als auch an nicht-öffentlichen Orten, etwa wenn sich Bewohner in Stiegenhäusern gestört fühlen. Beim Dealen Erwischte müssen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren rechnen.

Trafikant Clemens – er arbeitet gegenüber der U-Bahnstation am Gürtel – hofft, dass damit auch die Umsatzeinbußen ein Ende haben. Seit Jahresbeginn verzeichne die Trafik Rückgänge um bis zu 50 Prozent. Die Kunden blieben aus, weil sie sich vor den Dealern, die sich vor dem Geschäft tummeln, fürchteten. "Wenn sich nichts ändert, müssen wir bald zusperren", sagt Clemens. Derzeit zweifelt er noch am Erfolg der Polizeimaßnahmen. Die Dealer würden wiederkommen, sobald die Beamten das Gebiet verlassen.

Sicherheitsgefühl nicht verschlechtert

Zuversichtlicher zeigt sich der Kebabverkäufer nahe dem Haltestelleneingang: "Jetzt wird es endlich ruhiger." In den vergangenen Monaten habe er sich immer unwohler gefühlt.

Gefahr gehe von den Dealern aber keine aus, meint der WC-Anlagen-Betreuer am Ottakringer Yppenplatz. "Das sind doch nur Kinder." Sein Sicherheitsgefühl habe sich nicht verschlechtert.

Jacqueline arbeitet seit drei Jahren in der Trafik direkt in der U-Bahn-Station Josefstädter Straße. Seit der "Aktion scharf" der Polizei fühle sie sich sicherer. Zu Überfällen sei es aber auch in der Vergangenheit nicht gekommen. Froh ist sie auch über die regelmäßigen Kontrollgänge der Wiener-Linien-Mitarbeiter: Diese würden auch bei ihr in der Trafik nach dem Rechten sehen.

Bilanz erst in einigen Tagen

Seit Anfang April sind 30 Mitarbeiter der Wiener Linien sowie acht externe Securitymitarbeiter entlang der U6 unterwegs: Sie sollen Präsenz zeigen, als Ansprechpartner dienen und in Notfällen die Polizei zur Hilfe holen. Die Aufstockung sei aufgrund der verschärften Situation passiert, sagte ein Sprecher der Wiener Linien zum STANDARD. Nun wolle man beobachten, wie sich die Lage weiterentwickelt.

Durch die Polizeipräsenz sei es bereits in den vergangenen Tagen zu einem Rückgang der Drogendealer gekommen, sagte ein Polizeisprecher am Mittwoch. Eine erste Bilanz darüber, wie sich die Novelle auswirkt, könne man aber erst in einigen Tagen ziehen. (Christa Minkin, Rosa Winkler-Hermaden, 2.6.2016)